Gabriel Landow 03 - Thronfall by Axel Simon

Gabriel Landow 03 - Thronfall by Axel Simon

Autor:Axel Simon [Simon, Axel]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kriminalroman
ISBN: 9783644010482
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2022-03-14T23:00:00+00:00


27

Donnerstag, 1. August 89

Das Verhältnis ist eindeutig: 150 zu 5. Den fraglichen 150 Mann Marinebesatzung stehen nur fünf Fachgeschäfte für optische Geräte und Fotografie in der Hauptstadt gegenüber. Optik Sabrowski beim Nollendorfplatz ist eins davon. Tsching-tschäng. Die Türglocke klingt fröhlich wie Ministrantengeläut. Das Sortiment umfasst Feldstecher für den Jäger und Naturfreund, Fernrohre für die Himmelsbeobachtung und Fotokameras. Es gibt die klobigen, für die man einen Handwagen braucht, sieht Landow, im Laden interessiert auf und ab gehend, während der Inhaber und eine dünne Frau verschiedene Kunden bedienen, und es gibt schon deutlich kleinere Apparate. Nach ein paar Minuten haben beide Verkäufer Zeit für ihn. Sie sehen sich ähnlich, bemerkt Landow erst jetzt, und das liegt nicht nur daran, dass sie knielange weiße Kittel tragen wie Drogisten. Die beiden sind Geschwister, das zumindest legt die gerahmte Fotografie hinter der Theke nahe, die einen Mann mit Vollbart zeigt, neben dem ein etwa zwölfjähriger Junge und ein kleineres Mädchen stehen.

«Unser Vater.»

Sabrowski junior, jetzt selber schon um die fünfzig, schätzt Landow, hat seinen Blick bemerkt und fragt dann: «Möchten Sie fotografiert werden oder möchten Sie selbst fotografieren?» Die Antwort Landows, er möchte fürs Erste nur eine Auskunft, enttäuscht die beiden Sabrowskis etwas. Obwohl, merkt er, es ist nicht Enttäuschung, es ist eher Misstrauen ihm gegenüber. Das verstärkt sich noch, als er ihnen das Reichsadler-Relief in seinem Dienstausweis zeigt. Die Reserviertheit der beiden nimmt auch dann nicht ab, als er ihnen erklärt, er interessiere sich vor allem für Fotografiervereine, wenn es so etwas überhaupt gebe. So etwas müsse es doch geben, schließlich sei die Fotografie doch nur etwas für Professionelle, oder? Stelle ihnen eine Frage und dich selber dumm, und du wirst sie ans Reden kriegen, das hatte Leo, ein früherer Kompagnon und späterer Amerika-Emigrant, oft gesagt. Leo behält auch bei den Geschwistern Sabrowski recht.

«Lassen Sie es mich so sagen, Herr …», beginnt Bruder Sabrowski. Landows Frage hat ihn offenbar zu einem Kurzvortrag animiert, während die Schwester, die größer und knochiger ist als er, aber dieselbe enge Augenstellung hat, irgendwelche Lupen forträumt, für die sich die Kunden vorhin interessierten.

«Landow.»

«Lassen Sie es mich so sagen, Herr Inspektor Landow. Mit der Fotografie ist es wie mit der impressionistischen Malerei. Und das in mehrfacher Hinsicht. Die impressionistische Malerei, die Kunst von Monet, Sisley, Morisot wäre nicht denkbar gewesen ohne eine technische Veränderung.» Sabrowski macht nun eine Pause wie der Zirkusdirektor, bevor das Kaninchen durch den Feuerreifen springt, und sieht Landow fragend an, der brav – denn genau das erwartet der Redner von ihm – mit den Schultern zuckt.

«Die Tube», löst Sabrowski dieses Rätsel der Menschheit und fährt fort: «Die Erfindung der Tube machte es möglich, Farbe einfach mit hinaus in die Natur zu nehmen. Vorher mussten Farben frisch angerührt werden, waren nur in den Ateliers zu verwenden. Jetzt, mit der Tube, geht der Mensch hinaus in die freie Natur. Er malt skizzenhaft, denn auch unser Auge sieht nur Details, die Zusammensetzung des Bildes erfolgt erst in unserem Hirn. Mit der Fotografie, das Wort bedeutet ja nicht weniger als Lichtmalerei, wie der Herr Inspektor zweifelsfrei weiß, verhält es sich ähnlich.



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